Kirche St. Johannes, Tobel
Quelle: Fotoaufnahme Pastoralraum Nollen-Lauchetal-Thur

 

 

Hier finden Sie spannende Informationen zur Geschichte der Kirchgemeinde Tobel.

Mit untenstehendem Link gelangen Sie zur Festschrift 300 Jahre Pfarrkirche Sankt Johannes Tobel

Geschichte der Pfarrei Tobel

Die Anfänge der Pfarrei Tobel

Die Anfänge des Pfarrei- und Glaubenslebens von Tobel gehen zurück bis ins 9. Jahrhundert. Gemäss dem Buch «Thurgovia Sacra» vergabte «Herisind» am 9. Juni 830 Güter an das Kloster St. Gallen, wobei die Kapelle Braunau erstmals Erwähnung fand. Diese Vergabung dürfte der Grundstock zur späteren Bildung der grossen Pfarrgemeinde Tobel gewesen sein, die im Mittelalter nicht weniger als 55 Gemeinden bis nach Stettfurt und Wilen umfasste. Dabei fielen die Grenzen der Pfarrei auch immer mit denjenigen der Ritterherrschaft Tobel zusammen. Darum verläuft die Tobler Kirchengeschichte auch weitgehend parallel mit der Geschichte der Komturei, die 1228 gegründet wurde. Der älteste Teil des damaligen Kirchenbezirkes dürfte der Wehrturm sein, der heute noch als Glockenturm dient. Erbaut wurde er wahrscheinlich im 13. Jahrhundert als Wehranlage zur Sicherung des Ritterhauses. Möglicherweise wohnten die ersten Johanniter in diesem Turm, bevor bessere Behausungen im Tal entstanden. Aus der Gründungsurkunde der Komturei von 1228 lässt sich schliessen, dass direkt unter dem Wehrturm «im Tobel» eine Kirche existierte, von der aber aus der Zeit vor 1228 nichts bekannt ist. Es ist in den Chroniken lediglich vermerkt, dass die Untertanen der Pfarrgemeinde Tobel zuerst dem Grafen von Toggenburg unterstanden, 1228 aber an den Johanniter- oder Malteserorden kamen. Die Kirche galt fortan als Familiengruft des Grafengeschlechtes. Erwähnt ist weiter, dass Bischof Bonifacius von Konstanz 1289 in der Kirche einen Altar zu Ehren des heiligen Johann Baptist und Evangelisten weihte. Weitere bischöfliche Weihen in der Kirche erfolgten 1489 und 1518.

Die Wirren der Reformationszeit

Im Jahre 1523 führte Ulrich Zwingli, der ehemalige Leutpriester am Kloster Einsiedeln, in Zürich zur «Läuterung des Christentums» die Reformation ein. Sie erfasste bald grosse Teile der Schweiz und bis April 1529 hatten alle thurgauischen Kirchgemeinden den neuen Glauben angenommen. Bis Ende 1531 durfte im ganzen Kanton kein katholischer Gottesdienst abgehalten werden. Besonders krass vollzog sich die Reformation in Tobel, wo die Untertanen am 22. Februar 1529 das Gotteshaus samt der Ritterkapelle und dem Beinhaus stürmten. Sie zerschlugen die Altäre und verbrannten die Bilder, worauf die Ordensritter die Komturei verliessen. Die Wende zur alten Religion kam aber überraschend schnell, als 1531 die katholischen Orte in der zweiten Schlacht von Kappel die Reformierten besiegten. Damit begann in der Eidgenossenschaft die Zeit der Gegenreformation.

Wieder katholischer Gottesdienst

Dank der nun einsetzenden Gegenreformation konnte der neue Komtur Dietbold Gyss von Gyssberg bereits 1532 wieder in die Komturei zurückkehren. Er stellte einen katholischen Priester an und liess in der Kirche wieder einen Altar errichten. Sein Bemühen, die Pfarrgenossen von Affeltrangen und Märwil zurück zum alten Glauben zu bewegen, blieb erfolglos. Hingegen gelang ihm dies in Tobel, Erikon, Thor und Tägerschen fast ausnahmslos und in Braunau teilweise. 1535 wurde in der Kirche neben der Komturei ein neuer Hochaltar und 1565 zwei ebenfalls neue Seitenaltäre aufgerichtet. Bereits 1636 baute man nochmals einen neuen Hochaltar. Am 30. September 1642 liess Komtur Johann Konrad von Rosenbach die Kirche durch den Konstanzer Weihbischof Johann Jakob von Preissberg weihen.

Wie in einem Bericht aus jener Zeit festgehalten ist, firmte der Weihbischof im Verlaufe des eindrücklichen morgendlichen Festgottesdienstes 286 Gläubige und nachmittags nochmals 86 Personen. Bei dieser Gelegenheit wurde das Fest der Kirchweihe auf den ersten Sonntag nach Johannes dem Täufer festgelegt. Wie der Chronist vermerkt, wurde der festliche Tag mit einem reichlichen Nachtessen abgeschlossen.

Ruf nach einer neuen Kirche

Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts befriedigte es nicht mehr, dass Komtureigebäude, Kirche und Friedhof nebeneinander in der engen Talsohle lagen. Zudem wurde die Kirche für die wachsende Bevölkerung zu klein. Weiter wurde es im felsigen Gelände immer schwieriger, Gräber auszuheben. Auch war das Verhältnis zwischen Komtur und den Untertanen zeitweise gespannt. Auf dem Weg zur Kirche mussten die Gläubigen nämlich an der Komtureiküche vorbeigehen. Da rochen sie oft den feinen Sonntagsbraten, etwas, das sich die zumeist armen Leute nicht leisten konnten. Dass dies bei den Leuten nicht gerade freundschaftliche Gefühle gegenüber der Obrigkeit weckte, lag auf der Hand. Der Komtur liess daher einen neuen Kirchenweg anlegen, der nicht mehr an der Küche vorbeiführte, aber die Kirchgänger von Tägerschen weigerten sich, diesen zu benützen. Zwischen dem Komtur und der Geistlichkeit war das Einvernehmen auch nicht immer rosig. Die Komturei hatte seit Jahrhunderten den Pfarreien des Hinterthurgaus den Messwein zu liefern. Die Pfarrer beschwerten sich mehrmals über den schlechten Wein und äusserten den Verdacht, der gute Wein werde in der Komturei getrunken und ihnen die mindere Qualität geliefert. Gemäss dem Buch «Geschichte der Komturei» von Hans Bühler beschlossen Komturei und Kirchenbehörde 1706, das bisherige Gotteshaus niederzureissen und oben auf dem Felsen neben dem Wehrturm eine neue Kirche zu bauen und auch den Friedhof dorthin zu verlegen. Dies steht im Widerspruch zum Buch «Thurgovia Sacra.» Dort steht nämlich, dass der Friedhof bereits 1611 an seinen jetzigen Standort verlegt wurde. Das für den Kirchenbau vorgesehene Grundstück war 1565 vom «Kommendeur» Adam von Schwalbach für 3 «Quattembermessen» der Pfarrgemeinde gestiftet worden. Man musste also kein Land kaufen. Treibende Kraft für einen Kirchen-Neubau war Komtur Freiherr von Merveldt.

Der Kirchturm

Der markante Kirchturm mit seinem fast 2 Meter dickem Mauerwerk aus riesigen Bollensteinen stammt wahrscheinlich aus dem 12. oder 13. Jahrhundert und diente anfänglich wegen seiner über die ganze Landschaft dominierenden Lage als Wachtturm. Später in den Anfängen der Komturei wohnten vorübergehend die Ordensleute der Komturei bis zur Fertigstellung des Ritterhauses im Turm. Wie die «Thurgovia Sacra» von 1869 festhält, könnte der jetzige Kirchturm laut Visitationsbericht von 1776 auch ein Ueberrest des ehemaligen toggenburgischen Schlosses sein. Der Turm stand bis zum Bau der Kirche 1707 allein über der Komturei.

Im Mittelalter wurde die «Turmgerechtigkeit», wie man den Turm damals nannte, als Gefängnis mit einem Verlies benützt. Es wurden Uebeltäter wegen Gotteslästerung, Ehebruch, Hochzeithaltens ohne Erlaubnis, Ungehorsams oder Falschmünzerei im Turm eingesperrt. Aber auch «verluderte» oder sonst «unseriöse» Personen mussten im sicher nicht komfortablen Turm Wohnsitz nehmen. Sechs Drescher verbrachten ebenfalls einige Zeit im Gefängnisturm, weil sie während der Arbeit im Ritterhaus mutwillig Geflügel erschlagen hatten. Weiter gab es dort eine «Trülle», wo man die Gefangenen an den Pranger stellte. Auch ist überliefert, dass um die Mitte des 17. Jahrhunderts mehrere Männer eine in Affeltrangen als Hexe verhaftete Frau gebunden in den Turm brachten, wo sie auf ihre Verurteilung warten musste.

Beim Abbruch der alten Kirche neben der Komturei hängte man die beiden Glocken aus dem Dachreiter in den ehemaligen Wehrturm, der nun 1707 zum Glockenturm der neuen Kirche wurde. Dies erforderte die Erhöhung des Turms um den oberen, zurückgestuften Aufbau, damit ein Glockenstuhl eingebaut werden konnte. Diese Arbeit übernahm im Mai 1717 der Meister Josef Mathis. Entsprechend wurde auch das Zifferblatt mit der Uhr in die Höhe versetzt. Abgeschlossen wurde der Turm mit einem Steildach. Gemäss einem Visitationsbericht von 1781 hingen nun im Turm 5 Glocken sowie ein kleines Glöcklein zum «Zeichengeben». Gemäss Chronik besass der Turm bereits 1679 eine «laufende» Uhr.

Im 19. und 20. Jahrhundert gelangten die Gefangenen der in der Komturei befindlichen Strafanstalt, die am Gottesdienst teilnehmen wollten, via Kirchturm über eine Passerelle in die obere der beiden Emporen. Damit wollte man offensichtlich vermeiden, dass die Gefangenen mit den übrigen Kirchenbesuchern in Kontakt kamen.

Bei der letzten Turmrenovation von 1971/72 wurde das alte Glockengeläute durch ein neues ersetzt. Mit seinen 5 Glocken gehört es zu den grössten im Kanton Thurgau.

Bau der Pfarrkirche Tobel 1706/07

Aus der «Thurgovia Sacra», der Geschichte der katholischen Pfarrgemeinden von K. Kuhn, verfasst im Jahre 1869, kann über den Kirchenbau entnommen werden:

«Wahrscheinlich vom Bedürfnis gedrängt, entschloss man sich unter dem Komtur Freiherr von Mervelt zu einem neuen Kirchenbau. Im Frühjahr wurde der Schlossgraben um den Kirchturm eingeworfen, die alte Kirche neben der Komturei abgebrochen und am 9./10. und 11. August desselben Jahres schon die neue Kirche auf dem jetzigen Platze aufgerichtet. Am Frohnwerke beteiligten sich die Einwohner von Bettwiesen, Griesenberg, Lommis, Weingarten, Kalthäusern, Stettfurt und Matzingen (wahrscheinlich Lehensleute der Kommanderie). Das Holz lieferte die Waldung des Ritterhauses. Der damalige Kirchenpfleger Bosch besorgte alles mit rastlosem Eifer und einer Uneigennützigkeit, die heut zu Tage noch Nachahmung verdient. Den ganzen Winter 1706/1707 wurde fortgearbeitet und im Oktober 1707 war der Bau vollendet. Der Stil ist romanisch.

Die Kirche erhielt 4 Altäre, von welchen der Hochaltar dem hl. Johannes dem Täufer, den hl. Aposteln Johannes, Petrus und Paulus. der zweite in der Mitte dem hl. Antonius von Padua, der dritte der seligsten Jungfrau, der vierte dem hl. Sebastian geweiht waren.»

Der «Pestheilige»:
Dem hl. Sebastian wurde im Mittelalter eine besondere Ehre zuteil. Im Jahre 1611 herrschte laut einem alten Bericht in der Gegend von Tobel eine fürchterliche Pest, die etwa 1200 Personen, hinwegraffte. Dies veranlasste die Gemeinden Tobel und Tägerschen nicht nur dem hl. Sebastian als Fürbitte eine 30 Pfund wiegende Wachskerze zu opfern, sondern auch zu dem Gelübde, den Tag dieses Heiligen zu ewigen Zeiten als einen Feiertag zu begehen. Wer dieses Gelöbnis nicht hielt, wurde mit einer Busse von fünf Pfennig bestraft. Dieser Tag, der 20. Januar, wurde bis in die Sechzigerjahre des letzten Jahrhunderts als lokaler Feiertag begangen.

Feierliche Kirchweihe:
Am 23. Oktober 1707 hat der Bischof von Tricca Conradus Ferdinandus als Generalvikar des kaiserlichen Fürsten und Bischofs von Konstanz die Kirche von Tobel zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers und Evangelisten feierlich eingeweiht und gesegnet. Bei dieser Gelegenheit wurde der vierte Sonntag im Oktober zum jeweiligen Jahrestag der Kirchweihe festgelegt.

Finanzielle Schwierigkeiten:
Bald stellte man fest, dass die Baukosten der Kirche von 7450 Gulden die Kraft des Kirchenfonds bei weitem überstiegen. Sonntag für Sonntag erinnerten die Pfleger die Gläubigen mit dem Kollektenbeutel an den kostspieligen Entscheid zum Kirchenbau. Ein Zeichen der Finanznot zeigt die Tatsache, dass der Uhrmacher Augustin Müller aus Waldkirch für die Lieferung der Turmuhr auch im Jahre 1713 noch kein Geld erhalten hatte, wie dies in einem Brief nachgelesen werden kann. 1717 erschien die finanzielle Lage wieder im Lot zu sein, denn es wurde schon wieder gebaut. Maurermeister Josef Mathis erhöhte den Turm um den zurückgestuften Obern Teil und versetzte auch das Zifferblatt der Uhr dorthin. In der «Thurgovia Sacra» von 1869 wird dieser Keil auf dem Wehrturm als «geschmacklos» bezeichnet.

Ende der Johanniterherrschaft Tobel

Kanton Thurgau gegründet:
Der Kirchenbau von Tobel war zu allen Zeiten eng mit der Komturei verbunden. Deren Untergang brachte in der Zeit der Mediationsverfassung von 1803 auch den Kirchen der ehemaligen Komturei einen gewaltigen Wandel. Der Thurgau wurde selbständiger Kanton. Schon 1798 sahen die über drei Jahrhunderte lang regierenden 8 alten Orte der Eidgenossenschaft keine andere Möglichkeit mehr, als den Thurgau aus der Untertanenschaft zu entlassen.

Erwachen der Pfarrei:
So ist auch bereits 1803 der kirchliche Proporz in die neue Thurgauer Verfassung aufgenommen und der Kirche früh die Selbstverwaltung zugestanden worden. Die offizielle Besitznahme der Komturei durch den Kanton erfolgte am 14. September 1809. An diesem Tag heftete Regierungsrat Morell in einem feierlichen Akt das Thurgauer Wappen an das Tor der Komturei. Damit war nach 581 Jahren eines wechselvollen Schicksals die Johanniterkomturei Tobel untergegangen. Selbständige Planung und Verwaltung der sich neubildenden Kirchgemeinden war nun gefragt. So begann auch für die Kirchgemeinde Tobel das Eigenleben, das Erwachen der Pfarrei.

Grenzen der Kirchgemeinde:
Auch gebietsmässig wurden dieser Institution klare Grenzen gesetzt. Durch die napoleonische Schaffung der «Helvetischen Republik» wurde der Thurgau in Munizipalgemeinden aufgeteilt, die wiederum aus verschiedenen Ortsgemeinden bestehen konnten. Die neue Kirchgemeinde Tobel setzte sich nach dem Untergang des Ritterordens aus dem Gebiet der Munizipalgemeinden Tobel und Affeltrangen zusammen. Tobel umfasste die Ortsgemeinden Tobel, Tägerschen und Braunau. Zusätzlich kamen zur Pfarrei die Gebiete Affeltrangen, Märwil, Buch bei Märwil und Zezikon. Nach erfolgter Gemeindeorganisation des Kantons Thurgau umfasst seit dem

Jahr 2000 die Kirchgemeinde Tobel die politischen Gemeinden Tobel-Tägerschen, Zezikon, Braunau und Affeltrangen.

Präsident Kirchgemeinderat Tobel

Norbert Weber

Norbert Weber

Präsident Kirchgemeinderat Tobel
Präsident Heimkommission Alterszentrum Sunnewies Tobel
Mitglied Personalkommission KGV
+41 71 917 12 92
+41 79 331 71 72
norbert.weber@pastoralraum.ch